Es wird eine Frau abgebildet, die nachts mit ihrem Laptop im Bett arbeitet

Work-Life-Balance Findet nicht ohne das Büro statt

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„Wohnst du noch oder lebst du schon?“

So lautete vor einigen Jahren der Slogan eines großen skandinavischen Möbelhauses. Mit Blick auf die gestiegenen Ansprüche an den modernen Arbeitsplatz könnte die Frage heute lauten: „Arbeitest du nur oder lebst du auch?“ Tatsächlich dürfen Schlagworte wie Work-Life-Balance oder Flexibilität heute in kaum einer Stellenanzeige mehr fehlen. Ebenso wenig wie die Möglichkeit des Arbeitens im Homeoffice, das durch die Corona-Pandemie eine Sonderkonjunktur erlebt.

In der öffentlichen Debatte scheint das Arbeiten am heimischen Schreibtisch als ein Symbol für „das moderne Arbeiten“ schlechthin auserkoren worden zu sein. Bisweilen erscheint das Homeoffice als der letzte Sargnagel auf einem überholten Büro-Arbeitsmodell von gestern. Doch hält dieser temporär sicherlich gut begründete Eindruck auch einem langfristigen Realitätstest stand? Oder handelt es sich bei der vermeintlichen Büroblase nur um eine leere Sprechblase?
 

Frühjahrsgutachten 2020: Büroimmobilien in robuster Verfassung

Das Frühjahrsgutachten des Rats der Immobilienweisen sprach jedenfalls eine andere Sprache und bezeichnete die Marktverfassung der Büroimmobilienmärkte als „robust“. Sowohl die Leerstandsraten als auch die Mieten, hieß es in der Analyse, seien weiterhin auf stabilem Niveau. Die Leerstände lägen mit 3,8 Prozent im Bereich einer gesunden Fluktuationsreserve.

Die Flächenumsätze gaben, ausgehend von einem hohen Niveau, konjunkturbedingt nach, eine fundamentale Strukturkrise vermochten die am Frühjahrsgutachten beteiligten Experten dagegen bislang nicht zu entdecken – und schon gar nicht etwaige Anzeichen für das Platzen einer Büroblase. Im Gegenteil: Tatsächlich sei ab Mitte des Jahres mit einem Wiedererstarken der Wirtschaft sowie einer steigenden Nachfrage nach Büroflächen zu rechnen, so die Erwartung des Analyseunternehmens Bulwiengesa, das bei der Erstellung des Gutachtens mitwirkte. 

Doch dies ist freilich „nur“ der Status quo. Es stellt sich die Frage, wie es nach der Pandemie und mit den zumindest technisch-organisatorisch überwiegend positiven Erfahrungen des Homeoffice – unabhängig von der Konjunktur – weitergeht und welche Konsequenzen dies langfristig auf die Büroflächennachfrage haben wird. Aktuell denkt die überwiegende Mehrheit der Unternehmen in Deutschland offenbar gar nicht daran, ihre Büroflächen strukturell zu reduzieren. Nicht einmal zehn Prozent der Unternehmen wollen ihre Flächen in nächster Zeit senken, wie eine aktuelle Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ergab. Auch die These einer „neuen Ära des Homeoffice“, die das Büro überflüssig mache, bleibt ihren Beweis bislang schuldig.

Das deckt sich auch mit unseren Erkenntnissen: Wenn man bei den Unternehmen einmal nachfragt, schicken diese – bedingt durch die Pandemie – ihre Belegschaft zwar verstärkt zum Arbeiten nach Hause. Doch zugleich betont die Mehrzahl dieser Unternehmen, dass es sich lediglich um eine Maßnahme auf Zeit handelt. Freilich gibt es Überlegungen, aus den Erfahrungen zu lernen und (noch) mehr Flexibilität zu ermöglichen. Gleichzeitig haben eben diese Erfahrungen auch gelehrt, dass es ganz ohne das Büro nicht geht.
 

Viele Beschäftigte sind das Homeoffice leid

Letztlich kommt es vor allem auf die Bedürfnisse der tatsächlichen Nutzer an – nämlich der Bürobeschäftigten. Für viele von ihnen war und ist das Homeoffice alles andere als ein Spaziergang: Sie macht die zunehmende Dauer des nicht immer ganz freiwilligen Arbeitens am heimischen Schreibtisch zunehmend mürbe. Nicht jeder ist eben in der glücklichen Lage, über eine geräumige Wohnung zu verfügen, in der ausreichend Platz für einen separaten Arbeitsplatz oder gar ein Arbeitszimmer ist. Gerade jene, die in Wohn- oder Schlafzimmer am Klapptisch improvisieren, während nebenan der schulpflichtige Nachwuchs im Kinderzimmer tobt, sind das Homeoffice ab einem bestimmten Punkt einfach leid.

Mails beantworten im Morgenmantel? Akten lesen auf dem Balkon? Oder am besten gleich den Laptop in den Koffer packen und kurzerhand den Arbeitsplatz in den sonnigen Süden verlegen? Dass solche Idealvorstellungen oft so gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben, belegen auch zahlreiche Untersuchungen schwarz auf weiß. Da klagen die einen im heimischen Arbeitszimmer über eine fehlende Trennung von Job und Privatleben, die sie belaste. Die anderen erklären, dass sie in den eigenen vier Wänden teils deutlich weniger zustande bekämen als im Büro.

Nun ist das Homeoffice sicherlich nicht grundsätzlich zu verdammen. Wie immer geht es um Maß und Mitte. Was also wäre der optimale zeitliche Anteil im Homeoffice? Maximal zwei Tage, antworteten Teilnehmer dem Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik (ISG). Von einer permanenten Tätigkeit von zu Hause aus hielten dagegen die wenigsten etwas. 60 Prozent lehnte diese ab. Als Begründung gaben sie an, weder auf den Kontakt zu ihren Kollegen verzichten zu wollen noch auf die Gelegenheit, vor Ort von erfahreneren Kollegen dazu zu lernen.
 

Das ist der Stoff, aus dem der Burnout ist

Klagen auf hohem Niveau? Von wegen! Bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie ließen Warnungen der Krankenkassen, etwa der AOK, aufhorchen, die vor einer besonders starken Belastung der psychischen Gesundheit durch das Homeoffice warnten. Die Symptompalette der Beschäftigten im Homeoffice reichte von häufigen Wut- und Ärgerzuständen über Lustlosigkeit und Konzentrationsprobleme bis hin zu Schlafstörungen. Das ist der Stoff, aus dem der Burnout ist! Zugleich zeigt sich eindrucksvoll, welche Folgen das Fehlen des kollegialen wie fachlichen Austausches sowie des sozialen Zusammenhalts vor Ort im Büro mit sich bringen kann.

Gewiss bietet das Homeoffice andererseits neben zahlreichen Risiken auch Vorteile. Gegen eine zusätzliche Freiheit für Arbeitnehmer, an bestimmten Tagen von zu Hause arbeiten zu können und damit Job und Privatleben besser unter einen Hut zu bringen, ist selbstverständlich nichts einzuwenden. Ebenso wenig wie gegen eine Koexistenz von Büro und Homeoffice, die durch das Kombinieren der Vorteile beider Arbeitsorte tatsächlich einen Mehrwert schaffen kann. Einzige Bedingung: Das Homeoffice fungiert ausschließlich als ein zusätzlicher Baustein im Arbeitsmix.

Denn eines zeigen die genannten Studien mehr als deutlich: Die Arbeit im Büro wird durch das Homeoffice nicht ersetzt werden können. Das gilt nicht nur mit Blick auf das Büro als Lebensraum für soziales Miteinander, in dem wichtige gesundheitliche Standards wie Einhaltung der Arbeitszeiten und Trennung von Arbeit und Privatem gewahrt bleiben. Unersetzbar ist ebenfalls die Möglichkeit, sich mit Kollegen direkt an Ort und Stelle auszutauschen und Fragestellungen abzuklären, bei denen physische Treffen von verschiedenen Mitarbeitern und Teams ganz einfach effizienter sind. Hiervon profitiert nicht nur die Unternehmenskultur insgesamt, sondern auch die Produktivität.

Dass das Büro alles andere als ein Auslaufmodell ist, zeigen eindrucksvoll die vielen flächenintensiveren neuen Büroflächen, die mit innovativen Konzepten längst auf den Markt drängen. Ihre Stärke: Sie kombinieren einerseits unverzichtbare Faktoren einer modernen Arbeitswelt wie Work-Life-Balance oder Flexibilität und bieten andererseits die genannten Vorzüge, die das Büro als Lebens- und Arbeitsplatz unersetzlich machen.

Moderne Büro-Konzepte stehen für Qualität vor Quantität

Ein lebendiges Beispiel hierfür liefert etwa der Widok Towers-Komplex in Warschau. Der in der Innenstadt gelegene Bürohochauskomplex wurde erst in diesem Jahr fertig gestellt. Er verfügt über ein elegantes Interieur inklusive einer rund 15 Meter hohen, lichtdurchfluteten Lobby mit einer repräsentativen Rezeption. Zusätzlich ermöglichen grüne Außenbereiche wie die 300 Quadratmeter große Terrasse den Mitarbeitern jederzeit Bewegung zwischendurch. „Widok“ bedeutet auf Deutsch „Aussicht“. Und tatsächlich gibt es von den Widok Towers eine der besten Aussichten über Warschau und die Weichsel.

Dieses Beispiel zeigt, wo künftig die Reise hingeht: Mit dem Faktor “Qualität” werden Büroflächen in Zukunft noch stärker punkten können. Beispielsweise durch eine sehr gute Lage oder eine besonders hochwertige Ausstattung der Büroflächen. Moderne Raumkonzepte bedeuten gleichzeitig auch das Schaffen einer angenehmen Arbeitsatmosphäre durch smarte Technik. Längst verstärken Büroimmobilien den Markt, die mit zusätzlichen Extras wie etwa Espressobar, Grünflächen oder Duschen für Radfahrer das Miteinander am Arbeitsplatz weiter perfektionieren.

Veraltetet Büroflächenkonzepte hingegen, die vor allem vorsehen, möglichst viele Beschäftigte auf möglichst wenig Fläche zu konzentrieren, sollten sich hingegen durchaus Sorgen um ihre Zukunft machen. Das moderne Büro hingegen zieht allein schon durch seine hohe Attraktivität die Beschäftigten an, die zukünftig Wahlfreiheit haben und sich aktiv für das Büro und gegen das Homeoffice entscheiden.

Hybrides Arbeiten setzt sich in Zukunft durch
Die wesentlichen Aufgaben für Arbeitgeber

  • Leistung und Produktivität im gesunden Wechselspiel mit motivierenden und gesundheitsförderlichen Arbeitsumgebungen zu realisieren
  • Angebot von Desk-Sharing, Clean-Desk-Policy bzw. die Einrichtung spezifischer Bürozonen wie beispielsweise spezielle Flächen für Meetings, für agile Projektarbeit, aber auch Rückzugsorte für konzentrierte Einzelarbeit
  • Möglichkeit einer 50:50-Aufteilung zwischen mobiler Arbeit bzw. Homeoffice und der Arbeit im Betrieb anbieten

Quelle: Fraunhofer IAO und DGFP: Studie Ausgestaltung der hybriden Arbeitswelt, 02. Dezember 2021

 
"„Inspirational Offices“ in Form von Co-Working-Spaces oder Serviced-Offices fördern zufällige Begegnungen und spontane Büroerlebnisse, die sich im Homeoffice nicht abbilden lassen."
Jens Boehnlein ist Global Head of Real Estate Asset Management and Sustainability. Jens steht im dunklen Anzug vor einer Wand.
Jens Böhnlein
Global Head of Assetmanagement and Sustainability bei der Commerz Real