Kuchentratsch Mieter mit sozialem und kulinarischem Mehrwert
28.11.2023 • 5 Minuten Lesezeit
Früher war Wolfgang Druba einer der Schnellsten – speziell im Jahr 1976, als er mit seinem Porsche 911 Deutscher Rallyemeister wurde. Heute hat er die Ruhe weg und die braucht er auch, wenn er im hektischen Münchner Stadtverkehr Kuchen und Muffins ausliefert. Sein Startpunkt ist die hausInvest-Immobilie Theresienhöhe 30 – eigentlich eine erstklassige, sehr gefragte Büroadresse. Doch im Erdgeschoss ist im Jahr 2022 ein ganz besonderer Mieter eingezogen: Kuchentratsch. Manch einer mag sicher erinnern – entweder an den kürzlich im ARD-Morgenmagazin gesendeten Beitrag oder an die „Höhle der Löwen“-Folge aus dem Jahr 2018, in der die Gründerinnen Katharina Mayer und Anna Bründermann ihr 2014 gegründetes Start-up – eine Bäckerei, die von Rentnerinnen und Rentnern betrieben wird – vorstellten. Ihnen war vergönnt, wovon viele Teilnehmer nur träumen: Carsten Maschmeyer und Dagmar Wöhrl investierten 100.000 Euro für 10 Prozent der Anteile.
Eine Erfolgsstory seit 2014
Mit den Worten „Das Modell, älteren Leuten einen Sinn zu geben, dass sie Spaß haben, dass sie Freude haben – ich bin mir sicher, die leben glücklicher und länger.“ hatte Carsten Maschmeyer seine Begeisterung für die Geschäftsidee zum Ausdruck gebracht. Und tatsächlich lief zunächst alles wie am Schnürchen. Die motivierten Seniorinnen und Senioren buken nach bewährten Rezepten süße Köstlichkeiten, begeisterten ihre Kundschaft und verdienten sich auf Minijob-Basis bis zu 520 Euro dazu – was im hochpreisigen München viel wert ist. Mindestens genauso wichtig war darüber hinaus der soziale Mehrwert. Die Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen, Erfahrungen weiterzugeben sowie die Gewissheit, eine Aufgabe zu haben, erhöhte die Lebensqualität der Ladys und Gentlemen zwischen 60 und 85 erheblich.
Plötzlich knapp vor dem Aus
Doch dann kam die Pandemie – für die Gastronomie eine extrem harte Zeit. Und Kuchentratsch ging finanziell die Puste aus. So kam es im Juli 2022 zu einer Finanzierungslücke, die den Ausbau des Cafés mit eigener Backstube auf der Theresienhöhe 30 erst mal zum Stillstand brachte. Eine Crowdfunding-Kampagne sollte die Finanzierungslücke für geplante Investitionen schließen, doch der erhoffte Erfolg blieb aus. In einem bedauernden Instagram-Post informierte die Start-up-Gründerin Katharina Mayer die Öffentlichkeit über die bevorstehende Insolvenz. Knapp 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollten ihren Job verlieren – und das, obwohl die Geschäftsidee schlüssig, charmant und authentisch war und in Sachen sozialer Integration Vorbildcharakter hatte.
Die Rettung
Zum Glück wurde die Münchner Großbäckerei Höflinger Müller auf das Konzept aufmerksam, übernahm als starker Partner den Namen, das Konzept, die Idee und einen Großteil der Angestellten. Für das einladend gestaltete Café und die Schaubäckerei wurde ein langfristiger Mietvertrag abgeschlossen. Seit dem 4. Oktober 2024 zieht Zimtduft durch die Räumlichkeiten und bei Kaffee und Kuchen wird nach Herzenslust generationenübergreifend getratscht. Auch die Stadt München steht hinter dem Projekt, schätzt seine gesellschaftliche Relevanz und das nachhaltige Engagement der Betreiber. Wer in München lebt oder zu Besuch ist, sollte sich das Café in dem eleganten Bürogebäude in der Nähe der Bavaria nicht entgehen lassen. Kuchentratsch ist montags bis freitags von 8 bis 18 Uhr und samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 17.30 Uhr geöffnet.
Schauen Sie sich auch den Beitrag aus dem ARD-Morgenmagazin an, der über die ARD-Mediathek abrufbar ist:
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