Betongold Auch nach der Corona-Krise glänzend?
12.12.2023 • 9 Minuten Lesezeit
Der Begriff „Betongold“ kommt nicht von ungefähr. Doch bleiben Immobilien weiterhin solide Anlagen?
Inhalt
Zahlreicher Krisen zum Trotz konnte sich Betongold in der Vergangenheit seinen Ruf als stabiles Investment bewahren. Doch vor dem Hintergrund des Coronavirus, der politischen Situation und Lieferkettenproblemen – um nur einige Beispiele zu nennen – geriet der Finanzmarkt immer wieder unter Druck. Und so auch viele Immobilienaktien: Der Kurs des größten deutschen Immobilienkonzerns Vonovia beispielsweise brach zwischenzeitlich um über 20 Prozent ein.
Damit möchte ich auch gleich auf ein typisches Missverständnis hinweisen: Bei diesen Werten geht es um Aktien, also um börsengehandelte Wertpapiere. Betongold im engeren Sinne, physische Immobilien als Kapitalanlage, wird jedoch nicht an der Börse gehandelt. Es unterliegt nicht den Schwankungen des Tagesgeschäfts und ist daher sehr viel weniger anfällig für Panikreaktionen.
Immobilien als Lichtblick
5 Faktoren geben dem Betongold seine Festigkeit
- Immobilien- und Bauwirtschaft sehen sich weiterhin einem riesigen Bedarf gegenüber. Neubau im großen Umfang wurde bis vor kurzem jahrzehntelang vernachlässigt, Sanierung fand nur punktuell statt. Gleichzeitig hält der Zuzug in Ballungsgebiete an.
- Der Immobilienmarkt hat das Potenzial zur Selbstregulierung. Obwohl in den letzten Monaten die Immobilienpreise erstmals seit vielen Jahren wieder leicht sanken, rechnen Expert:innen bald wieder mit einer Stabilisierung der Preise. Denn der Bedarf bleibt groß, doch der Neubau bleibt aktuell hinter den Erwartungen zurück – so dürfte die Nachfrage nach Bestandsimmobilien bald wieder steigen und der Markt sich wieder stabilisieren.
- Der Immobilienmarkt ist im wahren Sinn ein Binnenmarkt. Produziert und genutzt wird vor Ort. Globale Abhängigkeiten sind dadurch weit geringer als in anderen Branchen.
- Immobilienprojekte sind in Zukunftsprojekte. Zum einen ist die Branche lange Zeiträume und vorausschauendes Planen gewohnt. Gleichzeitig verstärkt der innovative Quantensprung im Bauen den Nachfragedruck: Digitalisierung, Energiewende, neue Wohn- und Nutzungsformen beflügeln Neubau- wie Sanierungstätigkeit.
Betongold – ein häufig missverstandener Begriff
Im Kern bezeichnet der Begriff Betongold eine Wertanlage in Immobilien. Oft wird er als Synonym für physische Immobilien genutzt, die als Wertanlage betrachtet werden.
Der Duden definiert Betongold als eine Bezeichnung für „Immobilien als (vermeintlich) wertbeständige Geldanlage".
Darin ist jedoch ein Irrtum enthalten: Bildhaft bezieht sich der Begriff primär auf das Baumaterial Beton. Eine unbedingte Wertbeständigkeit wird damit nicht beansprucht. Seriöse Vertreter:innen der Immobilien- und Finanzbranche werden nie verschweigen, dass auch mit Immobilien – wie mit jeder Geldanlage – letztlich Risiken verbunden sein können.
Wie können Privatanleger:innen in Betongold investieren?
Anfangs kann es verwirrend sein: Da gibt es Fonds, die nichts mit Aktien zu tun haben, und Aktien, die „Immobilie" im Namen tragen. Der Begriff Betongold sagt mal das eine und mal das andere. Verschaffen wir uns also Klarheit: Mit welchen Instrumenten kann man in Immobilien investieren – und wann kann man wirklich von Betongold sprechen?
Der Erwerb einer physischen Immobilie zur Eigennutzung oder als reine Geldanlage ist in Deutschland die beliebteste Form des „Betongolds". Dabei stehen einem hohen Sach- und Nutzwert für private Investor:innen auch deutliche Risiken gegenüber: z. B. Mietausfälle, Wertverlust durch Verschlechterung des Standorts und ganz allgemein die fehlende Risikoverteilung, wenn nur eine bis zwei Einheiten erworben werden können.
Mit Offenen Immobilienfonds können Privatanleger:innen schon mit geringem Budget und ohne Fachwissen ihr Geld im Immobilienmarkt anlegen. Bei Offenen Immobilienfonds kann jeder jederzeit Anteile kaufen und im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verkaufen. Die eigentliche Auswahl der Objekte trifft das Fondsmanagement. Seine Expert:innen kümmern sich um Vermarktung, Vermietung, Instandhaltung und Verkauf.
Qualitätsmerkmal eines gut aufgestellten Offenen Immobilienfonds ist ein breit gestreutes Immobilien-Portfolio in Bezug auf Standorte, Nutzungsarten und Mieterstruktur. Offene Immobilienfonds werden nicht an der Börse gehandelt. Daher zeigen sie einen stabilen Kursverlauf ohne kurzfristige Schwankungen.
Geschlossene Immobilienfonds investieren dagegen in einzelne Immobilien. Die Anlageform bietet Chancen auf hohe Rendite mit der Immobilie; Anleger:innen brauchen jedoch einiges Fachwissen und tragen das volle unternehmerische Risiko.
Crowdinvesting bietet ebenfalls eine Anlage in Einzelprojekte und – im Erfolgsfall – gute Renditechancen. Beliebt ist Crowdinvesting bei Privatanleger:innen daneben durch relativ kurze Laufzeiten und den günstigen Einstieg mit kleinen Anlagesummen. Es gibt aber auch Risiken: Neben den Objektrisiken wie einer Verzögerung in der Fertigstellung besteht oft ein Darlehensrisiko, denn viele Crowdinvesting-Projekte sind Nachrangdarlehen. Anleger:innen erhalten Ihr Geld also nachrangig. Wenn aber das Projekt nicht genügend abwirft, gehen sie leer aus.
Mit Immobilienaktien kauft man kein Betongold im eigentlichen Sinne: Diese Aktien sind Anteile an Immobilien-Unternehmen wie der Deutsche Wohnen oder Vonovia. Sie unterliegen, wie schon anfangs erwähnt, den börsentypischen, starken Schwankungen. Ebenfalls börsengehandelt und entsprechend risikobehaftet sind
- Immobilien-ETFs („Exchange Traded Funds"), also Indexfonds für Immobilienaktien.
- REITs („Real Estate Investment Trusts") sind Aktiengesellschaften, die Gewinne aus der Vermietung und Verpachtung eigener Immobilien und Grundstücke, aus Zinsen sowie aus der Veräußerung von Immobilien erzielen. Von Land zu Land unterliegen sie unterschiedlichen Detailregeln; so ist ihnen z. B. in Deutschland der Handel mit Wohnimmobilien weitgehend untersagt.
Immobilien-Anleihen (auch „Hypothekenanleihen") sind Schuldverschreibungen. Da bei einer Insolvenz zuerst außenstehende Gläubiger:innen ihr Geld erhalten, sind diese Wertpapiere hochriskant und für private Investor:innen nicht zu empfehlen.
Was sollten Sie beachten, wenn Sie Betongold „schürfen" wollen?
Sie haben etwas Kapital und sind entschlossen, es jetzt auf ein Immobilien-Investment zu setzen? Dann sollten Sie sich über einige Punkte klar werden:
Wie viel Risiko traue ich mir zu?
Dazu gehören weitere Fragen, die Sie sich stellen sollten:
- Wie viel Verlust vertrage ich – im ungünstigsten Fall?
- Wie sieht meine finanzielle Situation insgesamt aus?
- Habe ich Schulden, die ich zuerst tilgen sollte?
Denken Sie an den Zeitrahmen
Immobilien sind als Wertanlagen vor allem langfristig lohnend. Bei einem Verkauf unter zehn Jahren Haltedauer fallen zusätzliche Steuern an. Neubauprojekte werfen ihre Rendite erst nach Fertigstellung ab, und die kann bekanntlich auf sich warten lassen.
Auch würde ich in der momentanen Lage den Zeitrahmen eher noch etwas weiter strecken, da sich die Erholungsphase aufgrund der aktuellen Marktbedingungen noch etwas verlängern dürfte.
Fachwissen hilft
Soll es nur ein Versuch mit Crowdinvesting sein – oder der Kauf einer Eigentumswohnung als Altersvorsorge? Sobald Sie Ihr Betongold in Einzelobjekten suchen, werden Sie mit Fachausdrücken bombardiert: Da ist von Passivhäusern die Rede, von Verschattung, Traufhöhen, Smart Homes, Kraft-Wärme-Kopplung, blauer Infrastruktur, A-, B-, C-, D-Lagen und vielem anderem mehr.
Manches erschließt sich von selbst oder ist leicht im Netz zu finden. Andere Objektinformationen erfordern Hintergrundwissen oder müssen „zwischen den Zeilen" gelesen werden. Sie brauchen ein gewisses Grundwissen oder zumindest die Zeit, sich in die Materie einzulesen – und am besten fachlich geschulte Berater, zum Beispiel einen befreundeten Baufachmann, dem Sie vertrauen können.
Fazit: Kann Betongold für Anleger:innen heute ein Ausweg sein?
Dieser Frage möchte ich mit der gebotenen Vorsicht zustimmen. Gut bewertete Offene Immobilienfonds oder Crowdinvesting-Projekte bieten auch heute Chancen.
Mit genügend Eigenkapital ist auch der physische Kauf einer Immobilie durchaus möglich – doch sowohl die weitere Marktentwicklung als auch Ihre individuellen und lokalen Gegebenheiten sollten Sie dabei stets im Blick behalten.Geschlossene Fonds schließlich sind ohnehin nur für erfahrene Anleger:innen empfehlenswert. Auch sollte ein Geschlossener Immobilienfonds immer nur Teil eines größeren Anlagevermögens und sorgfältig ausgewählt sein, um zu dem jeweiligen Anleger zu passen. Wer aber genügend Kapital und Zeit aufbringt, kann mit einem Geschlossenen Immobilienfonds durchaus von den oben genannten, langfristigen Stärken des Betongolds profitieren.
¹ Immobilien: Studie sieht Ende der sinkenden Preise. (2023, Januar). https://www.merkur.de/wirtschaft/immobilienpreise-studie-kaufpreise-wohnung-haus-2023-prognose-stadt-berlin-koeln-92033300.html (Stand: 17.02.2022)
Über den Autor
Im Netz kursieren manchmal schwer verdauliche Definitionen aus unterschiedlichen Quellen. Grundlegendes Fachwissen, einfach und kompakt erklärt, ist hingegen selten anzutreffen. Mit meinen Beiträgen möchte ich Ihnen zunächst das Basiswissen vermitteln und Sie im Anschluss dazu einladen, gemeinsam darauf aufzubauen. Dabei bediene ich mich vieler anschaulicher Beispiele aus meiner über 20-jährigen Erfahrung im Commerzbank Konzern und erkläre komplexe Sachverhalte mithilfe von Grafiken und Vergleichen.
Mein Wunsch ist es, Sie mit profundem Wissen auszustatten. Das Thema „Finanzielle Allgemeinbildung“ ist seit vielen Jahren etwas, wofür ich mich tatkräftig engagiere. Das Ziel ist es, dass Sie am Ende eigenständig die richtige finanzielle Entscheidung für Ihr Leben treffen können.
Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!